
02 Feb. Ausgeschöpft und aufwendig – die 6 größten Vorurteile über Fördermittel im Energiesektor
Nur wenige Unternehmen nutzen öffentliche Fördermittel als Finanzierungsinstrument für z.B. neue Technologien oder Investitionen in die Energieeffizienz. Und wenn, sind es meistens die großen Unternehmen, die von den staatlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, während der Mittelstand gute Finanzierungschancen auslässt. Förderprogramme – besonders im Energiesektor – sind zwar zahlreich vorhanden in Deutschland, aber auch die Vorurteile, die Unternehmer über öffentliche Zuschüsse haben, halten sich hartnäckig.
Als Experte für Finanzierungskonzepte auf Basis öffentlicher Fördermittel erlebe ich immer wieder, wie diese Vorurteile den Gang zu den Behörden erschweren und die Motivation, sich um Fördermittel zu bemühen, erheblich mindern. Dabei lohnt sich der Aufwand, wenn man weiß, wofür.
Hier ist deshalb eine Liste der sechs meist verbreiteten Vorurteile bezüglich der Vergabe von Fördermitteln.
Vorurteil 1: Die Fördertöpfe sind leer.
Als Unternehmer unterwirft man sich einem ungeheuren Fragenmarathon, bindet ganz erhebliche personelle Ressourcen, um sich durch den Dschungel an Vorschriften, Formularen, Förderrichtlinien zu kämpfen, um dann letztlich festzustellen, dass das geplante Vorhaben zwar vielleicht sogar förderungswürdig wäre, aber, dass die zur Verfügung stehenden Fördermittel zur Zeit ausgeschöpft sind.
Vorurteil 2: Fördergelder fließen in den Osten.
Die ganzen Fördergelder werden zum großen Teil ohnehin vorwiegend von strukturschwachen Regionen in Anspruch genommen. Fördergelder fließen alle in den Osten Europas. Die Chancen, Förderungsmittel zu ergattern, stehen für westdeutsche Unternehmen im Vergleich mit diesen strukturschwachen Regionen äußerst schlecht.
Vorurteil 3: Aufwand der Bewerbung um Fördergelder aufwendig und teuer.
Gerade von mittelständischen Unternehmen lassen sich die hohen, komplexen Förderkriterien nur schwer erfüllen. Der Aufwand, den Unternehmer zudem betreiben müssen, um Fördergelder z.B. aus der EU zu erhalten, ist riesig. Um hier von Anfang an überhaupt eine Chance zu haben, muss man sich von vornherein für einen langen intensiven Beratungszeitraum externes Know-how z.B. über EU-Fördermittel zukaufen. Diese Investition ist angesichts des ungewissen Ausgangs der Förderung sehr riskant.
Vorurteil 4: Fördermittel werden nur durch Kontakte ermöglicht.
Die Gewährung von Fördergeldern ist nur möglich, wenn man politisch in Berlin oder Brüssel extrem gut vernetzt ist. Wer nicht über die entsprechenden Kontakte verfügt – oder das Mittel der Korruption ausschließt – ist bei der Vergabe von deutschen oder EU Fördermitteln ohnehin von Anfang an chancenlos. Ob Vitamin B, Klüngel oder Vetternwirtschaft – ohne die entsprechenden Beziehungen zu den Gremien, die über die Vergabe der Fördermittel entscheiden, geht fast gar nichts.
Vorurteil 5: Der bürokratische Apparat läuft zu langsam.
Die Mühlen der Bürokratie mahlen extrem langsam. Der Zeitraum von der Beantragung der Fördergelder bis hin zur Ausschüttung zieht sich über einen viel zu langen Zeitraum hin. Während dieser ganzen Zeitspanne befindet sich das geplante Vorhaben in einem Schwebezustand. Dass die Realisierung des Vorhabens ins Stocken gerät, weil Investitionen so eine riesige Vorlaufzeit benötigen, hindert die Unternehmen daran, schnell auf die Veränderungen des Marktes reagieren zu können.
Vorurteil 6: Fördermittel führen zu einer großen Abhängigkeit.
Wenn man einerseits in der glücklichen Lage ist, dass dem geplanten Projekt Fördergelder zugesprochen werden, begibt man sich andererseits unternehmerisch in eine hohe Abhängigkeit. Denn die Gewährung von Fördergeldern ermöglicht den Förderstelle automatisch auch Mitsprache- bzw. Mitbestimmungsmöglichkeiten an dem geförderten Projekt. Außerdem können mit der Förderung umfangreiche Reportingpflichten oder andere bürokratische und zeitaufwendige Auflagen verbunden sein.
[selectivetweet]Immer nur die anderen? 6 typische Vorurteile über Fördermittel![/selectivetweet]
Gründe wie der hohe bürokratische Aufwand, die Bevorzugung wirtschaftlich schwacher Regionen oder die große Abhängigkeit von den Geldgebern hindern Unternehmen daran, sich um öffentliche Fördermittel zu bemühen. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Vorurteile, die nicht den reellen Bedingungen entsprechen. Denn die Frage lautet immer, was das Unternehmen tatsächlich braucht und an welchen Stellen sich die Fördermittel wirklich lohnen.
[url_preview orientation=“left“ newtab=“true“]https://albertvonwallenrodt.de/2016/01/27/das-geld-liegt-auf-der-strasse-und-bleibt-dort-liegen/[/url_preview]Die Förderlandschaft Deutschlands ist genauso vielfältig wie die Unternehmen selbst. Branche, Standort, Belegschaft – Fördermittel müssen passgenau und individuell sein. Hier liegt bei vielen Unternehmern der Denkfehler, weil sie nicht wissen, dass Förderprogramme unterschiedlich ausgerichtet oder miteinander kombiniert werden können. Demnach kann es auch keine pauschalen Aussagen über eventuelle Nachteile oder unbefriedigende Ergebnisse geben; bürokratischer Aufwand, verbundene Kosten, das jeweilige Zeitfenster und die individuellen Chancen auf Fördergelder müssen im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden.
Unternehmer benötigen in erster Linie also gute Beratung und kompetente Hilfestellungen, damit die Konzentration weniger auf die Vorurteile und viel mehr auf die Erfolgsaussichten gerichtet werden kann.